Wie ich zu Natural Hoofcare kam

JEDER SAGT ETWAS ANDERES

Seit 1994 besitze ich eigene Pferde / Ponys. Schon im ersten Jahr mit eigenem Pferd habe ich mich über Hufschuhe informiert bzw. über die Umstellung auf Barhuf. Meiner Meinung nach benötigt das Pferd heutzutage in den meisten Fällen keine Eisen mehr. Für die paar Stunden, die wir im Gelände sind, müsste es doch auch ohne Eisen gehen. Ausserdem entspricht es nicht der Natur des Pferdes, Eisen zu tragen. Aber dazumals hiess es, dass es nicht möglich ist, ohne Hufschutz ein Pferd regelmässig zu reiten (seitens Tierärzte, Hufschmiede etc.). Die Hufschuhe, die damals auf dem Markt waren, haben mich nicht wirklich überzeugt, denn ich hatte keine Lust, die ganze Zeit während des Ausritts nachzusehen, ob der Schuh noch dran ist oder eben nicht. Dann kam auch immer wieder die klare Aussage seitens Hufschmied, dass mein Freiberger mit seinem geringen Hufwachstum und seinen schlechten Hufen, niemals barhuf gehen könnte. Dies hiess es dann später auch bei der Vollblutstute... ein Vollblut ohne Eisen reiten, das geht nicht.

 

HUFE BEARBEITEN - ABER WIE?

Die Zeit verging und als ich dann 2005 einen neuen Anlauf gestartet habe, da ich nun super gute Hufschuhe gefunden habe, bereue ich die Umstellung auf Barhuf keine Sekunde. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber die Schuhe halten auf jedem Boden und ich habe noch keinen einzigen verloren. Gleichzeitig informierte ich mich immer mehr über das Ausschneiden eines Barhufpferdes. Dazu gibt es im Internet Unmengen von Informationen, wie auch verschiedene Bücher über dieses Thema und Diskussionen mit Hufschmieden führen zu vielen unterschiedlichen Aussagen. Irgendwie wurde ich nicht wirklich schlauer. Die einen sagen dies, die anderen sagen das Gegenteil davon und alle sind doch irgendwie überzeugend. Da ich die Hufe meiner Pferde immer öfters selbst machte und der Hufschmied nur noch zwischendurch zur Kontrolle kam, suchte ich immer wieder erneut nach Antworten auf meine Fragen. Einen Hufpfleger in Graubünden zu finden, war schon fast ein Ding der Unmöglichkeit. Irgendwie schien es mir logisch, dass das Pferd v.a. auf dem Tragrand laufen muss (heisst ja auch Tragrand) und ich habe die Hufe entsprechend bearbeitet. Bei kürzeren Ausritten liess ich auch die Hufschuhe weg. Jedoch hatte ich in kürzester Zeit ausgebrochene Wände bzw. der Tragrand brach mir immer wieder weg. Und irgendwann musste ich sagen, das funktioniert einfach nicht und ich kann ja nicht die ganze Zeit noch tiefer in die lebende Sohle schneiden, damit ich wieder einen Überstand des Tragrandes habe. So liess ich dies sein und machte es irgendwie, was auch recht gut funktioniert hat. Aber das ganze war einfach unbefriedigend. Da ich seit 2006 Hufschuhe der Firma Hoofgroove anpasse, kamen immer öfters Fragen von Kunden betr. Barhufpflege. Da ich jedoch keine Ausbildung hatte, musste ich diese abweisen. Ohne Ausbildung mache ich keine fremden Pferdehufe. Und das Schlimmste war, dass ich nicht einmal einen Hufpfleger empfehlen konnte. Es gab ja einfach nichts in Graubünden. Die Situation war recht unbefriedigend.

 

DIE SUCHE NACH DER PASSENDEN SCHULE

Nach mehreren Anfragen im 2009 suchte ich wieder einmal im Internet nach einer Schule. Bis dahin hatten mich die gefundenen Ausbildungen nicht überzeugt. Und endlich - Volltreffer. Zwar hatte ich schon von Natural Hoofcare gehört und fand dies toll, habe dann jedoch auch die Meinung darüber gehört, dass man unsere europäischen Pferde nicht mit amerikanischen Mustangs vergleichen kann. Dies schien mir irgendwie logisch. Aber je mehr ich mich darüber informiert habe, desto mehr überzeugte mich diese Methode. Vorallem das Ziel, ein Pferd ohne irgendwelchen Hufschutz zu reiten, fand ich genial. Jedoch muss bedacht werden, dass die Haltungsbedingungen sowie die Fütterung auch eine entscheidende Rolle spielen, dass es klappt, dass ein Pferd ohne irgendwelchen Schutz geritten werden kann - auf jedem Boden! Und genau da ist der Knackpunkt.

Im Jahr 2010 habe ich die Ausbildung nach Natural Hoofcare in Deutschland absolviert und die Abschlussprüfung erfolgreich bestanden. Ich bearbeite seitdem die Hufe verschiedener Pferde in Graubünden, St. Gallen, Liechtenstein, Glarus und in der Region Zürichsee.

 

UND ES FUNKTIONIERT DOCH

Seit ich die Hufe meiner Pferde nach dieser Methode bearbeite, habe ich keine Probleme mehr mit ausgebrochenen Wänden. Die Hufe sehen toll aus und meinen Freiberger reite ich zu 95 % ohne Hufschuhe (auch im Galopp über Schotterwege). Die Vollblutstute ist zum Teil etwas heikler und hat Hufschuhe an. Und die Ponys laufen eigentlich immer ohne Schuhe, ausser sie werden soviel gebraucht, dass sie die Hufe zu stark abnutzen (aber das kam bis jetzt nur in einem Sommer vor, wo sie viel auf Teerstrassen gefahren wurden). Eine Ausnahme bildet heute Bacio, da er an chronischer Hufrehe leidet, hat er als Handpferd und beim Kutschen fahren immer Hufschuhe vorne an. Mein Freiberger mit seinen schlechten Hufen, hat heute super schöne Hufe. Meine Vollblutstute bekam, dank regelmässiger Bearbeitung (alle 2-3 Wochen) immer steilere Hufe (sie hatte viel zu flache Hufe). Einer der weiteren Gründe, die mich zur Abnahme der Eisen bewegte. Ich kann jederzeit eingreifen und die Hufe korrigieren. Das kann ich bei einem Beschlag nicht (ausser ich kürze die Beschlagsperiode auf allerhöchstens 4 Wochen). Und nachdem ich viel über den Hufmechanismus gelernt habe, würde ich nie wieder ein Pferd beschlagen. Wir wissen gar nicht, was wir dem Pferd damit antun. Und das Unglaubliche beim Beschlag ist, dass die Pferde trotzallem einfach laufen und laufen. Der Huf kann katastrophal aussehen, aber die Pferde laufen immer noch. Hut ab, was unsere Vierbeiner ohne murren mitmachen.  

Auch wenn ich heute überglücklich bin, meinen Pferden etwas natürlichere Bedingungen geschaffen zu haben, finde ich es echt schade, dass ich solange gebraucht habe, bis ich mich getraut habe, die Eisen abzunehmen und mich gegen die Meinungen von Tierärzten und Hufschmieden, sowie Reitern zu stellen. Irgendwie entwickelt man ein anderes Bewusstsein für den Partner Pferd und nimmt auch mehr Rücksicht.

 

NOCH EIN PAAR GEDANKEN

Mir war von Anfang an bewusst, dass ich bzw. meine Pferde Zeit für die Umstellung benötigen. Die Ponys natürlich nicht, die haben noch nie ein Hufeisen gesehen. Leider ist dies vielen Pferdebesitzern nicht wirklich bewusst. Es muss mit Rückschlägen und Enttäuschungen gerechnet werden. Zum Glück kann wirklich sehr vieles mit Hufschuhen aufgefangen werden. Aber eine Umstellung gelingt nicht von heute auf morgen. Es gibt Pferde, die brauchen Jahre um sich daran zu gewöhnen und es gibt Pferde, die nie ohne Hufschutz auskommen werden. Und dann gibt es aber auch die tollen Ausnahmen, die kurz Hufschuhe benötigen und dann problemlos ohne Hufschutz geritten werden können, egal wo, egal wie lange...

Dies muss man sich vorher bewusst sein. Wie bereits erwähnt, spielt das gesamte Umfeld eine grössere Rolle als viele meinen. Zum Beispiel wird es in den meisten Fällen (Ausnahmen gibt es immer) nicht gelingen, ein Pferd, ohne dass es fühlig reagiert, ohne Schutz täglich über Schotterstrasse zu reiten, wenn das Pferd den ganzen Tag im Stall / Auslauf auf weichem Boden (z.B. Holzschnitzel) steht. Würde das Pferd im Stall bzw. Auslauf hingegen überwiegend auf Schotter stehen bzw. laufen, würde es auch während des Ausritts eher weniger Probleme mit dem Untergrund haben. Nur bewegen sich unsere Pferde leider nicht so viel, wie es Wildlebende tun müssen. Anzustreben ist ja das natürliche Gleichgewicht zwischen Wachstum und Abrieb des Horns. Aber auch hier gilt, keine Regel ohne Ausnahme.